KulTour: Politik trifft Kunst
Kulturverein Burscheid e. V. zu Besuch im Landtag
Am vergangenen Mittwoch machte sich der Kulturverein Burscheid e. V. auf zu seiner KulTour zum Landtag NRW nach Düsseldorf. Vorausgegangen war eine Einladung von Rainer Deppe (CDU), Landtagsabgeordneter für den Rheinisch-Bergischen Kreis. Die Einladung war allerdings bei Deppes Vernissage-Besuch der herbstlichen Jahresausstellung im KulturBadehausBurscheid etwas modifiziert worden: Kunst gäbe es doch im Landtag zu sehen - und nicht ganz unbedeutende - das rief nun tatsächlich den Kulturverein auf den Plan. Eine Führung, das müsste doch möglich sein; und in den Plenarsaal - das wollte man auch auf jeden Fall. Rainer Deppe machte mit seinem Büro alles möglich, denn er war selber interessiert, das, woran er tagtäglich wie selbstverständlich vorbeiläuft, näher erklärt zu bekommen. Kein geringerer als sein kunstgeschichtlich und theologisch beschlagener Landtags-Kollege Prof. Dr. Thomas Sternberg konnte für die Führung gewonnen werden.
Also machten sich 32 Interessierte im Bus auf den Weg nach Düsseldorf zu einem sehr interessanten, kurzweiligen nonstop-Programm. Bodycheck, Einführung in die Zusammensetzung und Arbeit des Landtags, kurzes Frühstück in der Cafeteria, bei dem Rainer Deppe die Gäste kurz begrüßte, um sich anschließend ebenfalls in den Plenarsaal zu begeben - wobei man ihn dann allerdings nur noch von der Besuchertribüne von oben erspähen konnte.
Heftig wurde diskutiert an diesem Tag: im Radio war am Morgen bereits eine Debatte über das integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus angekündigt worden. Streitbar ging es auch beim Thema "erweiterte polizeiliche Videobeobachtung" her. Vor der Abstimmung über einen Antrag der FDP zum vorzeitigen Kohleausstieg wurden die Besucher bereits wieder vom Plenarsaal in den Saal der CDU-Fraktion zum Meinungsaustausch mit dem Landtagsabgeordneten Rainer Deppe abgeholt.
Man brauchte keine Aufwärmphase - Themen wie die aktuellen Probleme der Milchwirtschaft auch im Rheinisch-Bergischen, Migration, Versuche der Integration, Gemeindefinanzausgleich der Kommunen, die Zeit lief auch hier schon wieder davon. Nach einer Stunde schickte Thomas Sternberg Rainer Deppe schließlich in die Zuhörerriege mit dem Themenwechsel: Politik trifft Kunst. Man fand sich wieder vor Ueckers Nagelbild "Interferenzen" im Wandelgang. Riesig, beeindruckend politisch, bewegend, im wahrsten Sinne des Wortes schön.
1988, als das Landtagsgebäude entstand, gab es noch per Gesetz die Verpflichtung des Bauherren zur "Kunst am Bau". Ebenfalls in diesem Zuge entstanden das "Wandbild" von Emil Schumacher - Keramik auf Vulkanplatten an der langen Restaurantwand. Ebenso die liegende Brunnenplastik "Tizaphon" vor dem Eingang des Landtags aus Stahl vom israelischen Künstler Dari Karavan sowie "Ave und Aurora" von Otto Piene. Moderne Künstler der unterschiedlichsten Kunstgruppierungen und mit unterschiedlichsten Techniken arbeitend finden in dem politischen Gebäude des Landtags mit ihren Aussagen, die mit dem interessanten Gebäude und dessen Inhalten korrespondieren, zueinander. Voller Ehrfurcht schließlich stand man vor dem ältesten Exponat: Ewald Mataré - der Lehrmeister von Joseph Beuys - schuf die Eisenguss-Skulptur "Phoenix" mit Intarsien aus gebrannten Mosaiksteinchen, die sich 2,90 m über einem Betonsockel mit aussagekräftiger Künstlerinschrift erhebt aus dem Jahre 1949. Symbol für ein Land, das im Begriff war, sich aus Schutt und Asche, aus seinen Problemen zu erheben mit einem demokratischen Neubeginn, mit neuem und freiem Leben.
Und dann ganz neu in 2011 entstand der "Raum der Stille" von Gotthard Graubner - sein letztes Werk. Der Künstler verstarb zwei Jahre später. Ort des Rückzugs, der Besinnung in der lauten und geschäftigen heutigen Zeit für Abgeordnete und Besucher aller Kulturen. Siebenarmiger jüdischer Leuchter, Kerze und Kreuz, Gebetsteppiche als Symbole im Vorraum und Stille im Innern, die der Raum mit seinen sensibel gestalteten monochromen Farbkissen unmittelbar einfordert. Begeistert von den interessanten und unerwarteten Eindrücken im Düsseldorfer Landtag kehrt die KulTour am Nachmittag nach Burscheid zurück.